¡Rezension!: Ich und Earl und das sterbende Mädchen

Cherry


Vorweg sei schon einmal gesagt, dass mich Ich und Earl und das sterbende Mädchen sehr überrascht hat, im positiven, wie im negativen Sinne. Das betraf eigentlich alle Kategorien, die einen Roman ausmachen - Figuren, Handlung, Schreibstil und Gefühl - und lässt mich auch jetzt noch, beim Schreiben des Textes, überlegen, wie man solch eine Überraschung richtig bewertet. Aber fangen wir doch einfach mal an...

Hinter dem Ich im Titel verbirgt sich Greg, ein etwas übergewichtiger Highschool-Schüler, der sich gern aus allem raus hält und eine Schwäche für Filme hat. Greg war mir wegen seiner witzigen Art und des eher kleinen Selbstbewusstseins irgendwie sofort sympathisch und brachte mich auch häufig zum Lachen. Er neigte zwar oftmals zu Übertreibungen, verlor sich also in seinen Scherzen und wusste nicht wirklich, wann er wieder aufhören sollte, aber da sein Charakter so authentisch wirkte, hatte er mich schnell für sich gewonnen. 
Greg war nicht der typische Jugendbuchheld, was man schnell daran erkannte, dass er den Leser direkt ansprach und schon im Vorfeld erklärte, dass dieses Buch kein sentimentales werden würde. An dieser Stelle war ich mir noch nicht sicher, ob ich ihm glauben sollte, doch ja, im Nachhinein hatte er (leider) recht.  

Der Autor (oder Greg) hatte eine Vorliebe für Listen, Drehbuchdialoge und Aufzählungen, welche man nur schwer übersehen konnte. Das lockerte zwar alles zusätzlich auf, sorgte aber manchmal auch dafür, dass ich vergaß, dass ich einen Roman in der Hand hielt. Der erste Teil des Buches bestand somit hauptsächlich aus Informationen zu Gregs Leben und Umgebung. Ich kann nicht leugnen, dass sich dies wirklich witzig lesen ließ und einem auch Spaß bereitete, aber für den Verlauf der Geschichte war es nicht besonders förderlich, denn die Handlung kam leider nicht in Gang. 
Im Großen und Ganzen hatte das Buch sowieso kaum Handlung und bestand sehr oft aus Rückblenden. Im Nachhinein frage ich mich, ob dies alles vielleicht Gregs Ignoranz unterstreichen sollte, damit sich der Leser, genauso wenig wie er, mit der Gegenwart und der Problematik beschäftigen musste. Denn wenn ich ehrlich bin, hab ich noch nie ein Krebsbuch mit so wenig Krebs gelesen. Das klingt scheußlich, aber lasst mich erklären:

Im Gegensatz zu vielen anderen Romanen, die sich mit Krebs befassen, ist diesmal nicht der Protagonist, sondern eine Nebenfigur erkrankt. In diesem Falle wäre das Rachel, eine alte Schulfreundin von Greg, mit der er aber kaum noch etwas zu tun hat. Klar ist Greg schockiert über die Diagnose, aber während des ganzen Buches scheint er sich immer wieder einreden zu wollen, dass es ihn gar nicht so mitnahm und er aus alldem nichts gelernt hat. Das fand ich auf der einen Seite gut, auf der anderen wieder nicht. 
Mir gefielen Gregs ehrliche Worte, seine unkitschige Art mit dem Thema umzugehen und dieses nicht ständig auf die Tränendrüse drücken. Manche Autoren neigen dazu solch eine Thematik dermaßen auszuweiden, dass am Ende nicht mehr viel Ehrlichkeit übrig bleibt. Herr Andrews hat es in seinem Buch glaubwürdiger gemacht, nur leider ein bisschen zu wenig. Als ich das Buch zuklappte, bestand Rachels Anteil an diesem Buch für mich nämlich nur aus drei Stationen: Erkrankung, Krankenhaus, Tod. 
Greg verbot uns regelrecht um sie zu trauern und ließ tiefere Gefühle gar nicht erst zu. Das fand ich nicht in Ordnung, denn bei solch einem Thema möchte ich etwas spüren (das ist schließlich einer der Gründe, wieso man solche Bücher liest).  

Mein Urteil

Eigentlich viel zu viele Worte für solch ein kurzweiliges Buch. Der Autor und Greg haben mich mit ihrer witzigen Art zu schreiben überrascht und sorgten somit dafür, dass ich das Buch sehr schnell auslas. Doch ein Roman kann sich nicht nur damit am Leben halten. Ich weiß zwar, dass es an vielen Stellen um Gregs Verdrängung des Themas ging, aber mir wurde die eigentliche Problematik (und damit auch Rachel) zu sehr an den Rand gedrängt. Auch wenn Greg seine eigene Art hatte mit alldem umzugehen, so hätte ich mir doch gewünscht, dass er manchmal etwas mehr wie Earl wäre, der zwar zum Übersprudeln neigte, aber jedenfalls Gefühle zuließ. 

Trotzdem, ich mochte das Buch sehr gern, gerade weil es anders mit einem so schwierigen Thema umging. Deswegen natürlich eine Leseempfehlung, auch wenn diese etwas zwiegespalten ist.

2 Kommentare:

  1. Hallo,
    Ich habe "Me and Earl and the dying girl" auf englisch gelesen und fand es genial. Ich würde mir noch mehr solcher Bücher wünschen, denn die komplette Geschichte, sowie Protas usw haben mich einfach nur begeistern können und ein tolles Kopfkino verschafft.
    LG Jessi

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    1. Mit den Figuren und dem Humor war ich auch mehr als zufrieden. Endlich mal Jungs, die mit 16 an Sex denken (was wir in amerikanischen Jugendbüchern leider nur selten finden).
      Leider haben die Gefühle für mich gefehlt,was wohl daran lag, dass ich mit der Erwartung herangegangen bin, dass es sich hier um ein "Krebsbuch" handelt. Ich wollte eigentlich unvoreingenommen an das Buch herangehen, aber leider habe ich zufällig schon mitbekommen, dass es hier um Leukämie geht und das war wohl ein kleines Todesurteil.

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